Worte
myrrhe schrieb am 22. November 2004 um 11:24 Uhr (733x gelesen):
Hallo Seppl, :-)
ach, Ämter ... ja, das kenne ich auch. Was ich gerannt bin wegen der blöden Witwenpension. Oder damals als Arbeitslose. Mißverständnisse, Borniertheit ... Beamten ... aber irgendwie kann ich sie sogar verstehen. Wären wir nicht vielleicht ähnlich, würden wir da sitzen und täglich 30-50 verschiedene "Bittsteller" mit ihren Anträgen, Fragen, Problemen "bearbeiten" müssen? (Denn für die Beamten sind sie ja reine Bearbeitungsfälle.) Wir tun es nicht, nee. Es wäre auch nicht so gaaanz meine Art - deine auch nicht, wie ich glaube ... Aber trotzdem - immer gibts zwei Seiten. Ich versuche, auch die andere Seite irgendwie zu verstehen ...
Ich glaube halt überhaupt, daß Worte, gesprochene Worte, nur einen Teil rüberbringen von dem, was einen Menschen ausmacht. Und daß es viel viel besser und vollständiger ist, den Menschen vor sich zu sehen. Das liegt doch daran, daß niemand sich gerne so ganz zeigt, jeder trägt eine Maske, hinter der er seinen Schmerz, seine Verletztheit, seine Ängste verbirgt. Das muß das Gegenüber erst mal erkennen. Und das ist sehr schwer. Es gibt im Netz keine erste Kontaktnahme, kein In-die-Augen-Schauen, kein Lächeln, kein Handreichen, kein gegenseitiges "Beschnuppern". Und das ist aber für einen Kontakt, der ja dann doch etwas in die Tiefe geht, so wichtig!
Ob man deshalb Foren abschaffen sollte? ich weiß nicht ... Foren erfordern sicher ein gewisses Maß an gegenseitiger Öffnung, eine Bereitschaft, aufeinander zuzugehen. Auch mit dem Wissen, es kann Mißverständnisse geben. Oder einfach ein Abstecken und Akzeptieren gegenseitiger Terrains: "hier stehe ich" - "hier stehst du".
Foren werden von vielen als so einfach gesehen, weil man sich hinter dem Computer verschanzen kann und den anderen nicht sieht. Ich persönlich finde Forenkontakte gar nicht einfach, sondern im Gegenteil viel schwieriger als einen direkten Kontakt.
Siehste, nun ist es doch zu einem Kontakt gekommen, und vielleicht kennst du mich nun 0,00000000002% oder so ... ;-)
Ich wollte von mir noch sagen, daß ich selbst zwar bisher nicht viel Kontakt zu Menschen hatte, die auf der Straße leben - aber doch selbst auch schon ganz viel mit Krankheit, Behinderung, Tod zu tun hatte.
Meine Schwiegermutter lebte 2 1/2 Jahre im Wachkoma ... ein Mensch, dem Gefühle abgesprochen wurden, der nach Ansicht von vielen ja "nur noch eine lebende Maschine" wäre. Den ich aber als ganzen Menschen gesehen habe, der nur seine Gefühle durch den Körper nicht mehr ausdrücken konnte. Der Körper war - bis auf die Augen- und Mundbewegungen - bewegungslos. Ich - wir - haben da gelernt, aus winzigsten Reaktionen zu lesen ... und sie behandelt wie einen ganz normalen Menschen, mit ihr geredet, ihr von unserem Leben im Außen erzählt ...
Lieben Gruß an dich,
myrrhe

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