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Brief 48

Martin
1. Apr. 2000
Lieber Alfred Ballabene,
nach einiger Zeit habe ich mal wieder in Ihre Homepage reingeschaut und einige Zipdateien runtergeladen und muß sagen, ich bin begeistert. Wirklich sehr gut geworden, Gratulation und vielen Dank. Ich habe noch zwei Fragen und es wäre schön, wenn ich noch ein paar Ergänzungen erhalten könnte.

Ich verstehe nicht, weshalb Sie einerseits von einem neurophysiologischem Korrelat zur Entstehung von außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen ausgehen und dennoch einen transzendenten Hintergrund sehen. Gerade die Erklärung einer neurophysiologischen Grundlage ist doch eigentlich der Beweis für eine materialistische Erklärungsgrundlage.

Andererseits sprechen doch gerade Phänomene wie OBE und Präkognition im Zusammenhang mit der NTE eher gerade nicht für eine neurophysiologische Genese dieses Phänomens. Der mit veränderten Bewußtseinszuständen mit ethnologischer Grundlage stark konfrontierte Dr. Christian Rätsch schrieb einmal, daß wer glaubt, der Schamane reise nur in den eigenen Schädel, Schamanismus nicht ernst nehmen kann. Dies gilt doch genauso für die meditativen Erfahrungen, OBE, NTE usw. Wenn das ganze das Produkt eines neurophysiologischen Korrelats, vielleicht gekoppelt mit einem reisenden Hellsehen in Form einer OBE sein soll, dann brauche ich ja keinen transzendenten Hintergrund mehr. Der Arzt und Nahtodforscher Michael Schröter-Kunhardt geht einerseits von einem neurophysiologischem Korrelat zur Entstehung von NTE's aus und spricht von einem Simulationsprogramm des Gehirns zur Erzeugung der NTE.

Für mich ist das eine Voraussetzung, aber kein Beweis. Die Voraussetzung eines entspannten Körpers wird ja auch akzeptiert - Muskeltonus, Atmung etc. - warum soll das Gehirn nicht auch seinen Beitrag leisten? Natürlich ist das Gehirn viel komplexer und umso schwieriger wird es auch zu unterscheiden, welche Leistungen dem Gehirn entstammen und welche Eindrücke paranormal sind (OBE). Zwischen luzidem Träumen (Gehirn) und Astralwandern läßt sich oft sehr schwer die Grenze ziehen, oft gar nicht. Da muß man halt eine breite Grauzone akzeptieren. Ätherische OBEs und sonstige Phänomene dagegen lassen sich klar erkennen.

Mir ist absolut schleierhaft, weshalb die Sterbeforschung sich in ihren Forschungsarbeiten nicht erheblich stärker auf die experimentelle Erforschung der OBE konzentriert.

Die Wissenschaft ist in einem großen Dilemma - für sie ist es geradezu eine Notwendigkeit an Fremdobjekten, hier Fremdpersonen, zu experimentieren, weil nur so die Objektivität gewahrt werden kann, wie sie glaubt. Aber OBE muß man selber erfahren, um es zu verstehen und es gibt da sehr viel zu lernen, was den Naturwissenschaftlern natürlich zur Gänze verborgen bleibt. Vom Standpunkt der OBE-Praktizierenden sind Naturwissenschafter auf Grund des Erfahrurungsmangels einfach nicht kompetent.

Forts. zu Sterbeforschung: Hier wäre doch der Zugang zu einer transzendenten Hypothese der einfachste Weg gegeben. Ich kenne zwei Personen, die mit und ohne NTE in der Lage waren oder sind, willentlich NTE's durchzuführen, die auch in andere Wirklichkeitsebenen führen. Wenn ich nun, ohne zu suchen, schon zwei Personen mit solchen Fähigkeiten kenne, dürfte es doch nicht allzu schwer sein, hier bei organisierter Suche ein bißchen mehr Erfolg zu haben. Ich lese in der Literatur zu diesem Thema immer nur über das bekannte Experiment von Charles Tart vor vielen Jahren und in neuerer Zeit über das Experiment von Professor van Quekelberghe, der ein NDE unter hypnotischer Suggestion bei 21 Studenten mit OBE induzieren konnte. Es kann doch nicht möglich sein, daß nach so vielen Jahren der NTE-Forschung dazu nicht mehr herausgekommen sein kann? Offensichtlich handelt es sich hier ja um einen uralten Erfahrungsschatz der Menschheit.

Diese Forschung wird von der Wissenschaft nicht durch geführt, aus vielerlei Gründen: nur ein etablierter Uni-Professor könnte damit beginnen, alle anderen würden sich vor dem materialistisch geprägtem Kollegium lächerlich machen und nie eine Professur erhalten - das würde für Nicht-Professoren bedeuten Verzicht auf die Karriere und weiters keine Zuteilung von Finanziellen Mitteln für die Forschung. Wissenschafter, die dennoch mit NDE liebäugeln, können dies nur peripher verwirklichen - etwa eine Dissertation zu diesem Thema vergeben - was soll dabei herausschauen? (abgesehen davon, dass Dissertationen in der Medizin selten sind). So ein Dissertant kann ja nicht um Millionen ein Labor aufbauen, er kann nur ein Schriftenstudium durchführen - nicht einmal eine Patientenbefragung wäre möglich - die relevanten Fälle innerhalb von zwei Jahren (und in welche Klinik hätte so ein Dissertant Zutritt) sind nicht ausreichend und letzlich will ja ein Dissertant in erster Linie mit seiner Arbeit fertig werden - und warum dissertiert er? - um eine wissenschaftliche Karriere zu machen und die verbaut er sich mit diesem Thema.

Und sollen vielleicht die Vertreter der Religionen an der Aufklärung interessiert sein? Im Gegenteil, die sehen ihre Dogmen dadurch gefährdet. Und staatliche Forschungprojekte? Die Parteien sind aufgeteilt (bei uns) in christlich und materialistisch - für beide sind diesbezügliche Erkenntnisse kontraproduktiv. Was bleibt? Ein paar Aussenseiter wie wir - Leute, die entweder noch sehr jung sind und denen deshalb Narrenfreiheit gegeben ist, gesellschaftlich unbedeutende Leute, wie mich und Pensionisten, die auch nichts mehr fürchten müssen. Jeder Mensch in gehobener Position, der sich mit solchen Themen erkennbar befaßt, wird bei den üblichen intriganten Grabenkämpfen in sogenannten vertraulichen Informationen geoutet und kaltgestellt, ohne dass diesem esoterisch aktiven Menschen je zu Ohren kommt, warum er immer überstimmt und nicht gefördert wird. Dazu bedarf man keiner Verschwörungstheorie, das sind die Mechanismen unserer Gesellschaft.

Nun habe ich noch eine weitere Frage.
Bei meiner Beschäftigung mit der Mystik las ich die Werke von Pater Willigis Jäger, der auch Zen-Meister ist. Ich habe hier mal ein paar Zitate stellvertretend für die oft betonte Einheitsmystik herausgepickt:

Neue Formen kommen, alte zerbrechen. Auch diese unsere menschliche Form wird zerbrechen. Es wird wieder eine neue Form entstehen. Ob sie noch eine Identität mit alten Formen besitzt, ist unwichtig. . . . Es inkarniert sich ja immer diese erste Wirklichkeit, das, was wir zutiefst sind.

Wir sind der göttliche Energiestrom, der ständig neues schafft. In der Meereswelle ist nach wenigen Metern vom alten Wasser nichts mehr vorhanden. Nur die Energie geht weiter und kreiert aus immer neuem Wasser neue Wellen. Dieser Energiefluß geht auch in unserem Leben weiter. Aber nur der Energiestrom setzt sich fort, nicht unsere Persönlichkeitsstruktur. Wir möchten sie in die Ewigkeit hinein retten. Aber unsere Ichstruktur wird nicht mitgehen. Sie ist nur ein Konglomerat von psychischen Aktivitäten, denen unser Gedächtnis Festigkeit und Permanenz verleiht.

Das ist zwar volldogmatischer Buddhismus, aber im Prinzip stimme ich dem zu.

.Wiedergeboren wird immer nur diese erste Wirklichkeit, die wir im Westen Gott nennen, die hier und jetzt durch uns lebt. Nur das zu erfahren ist wichtig. Der Mensch könnte das Leben ohne Hoffnungsbilder nur schwer ertragen. Mit ihnen verdrängt er den Tod des Ich. Der Tod des Ich ist das letzte Tabu, das keine Religion anzutasten wagt. Dabei ist die Verdrängung des Ichtodes eine Verdrängung Gottes.

Ja stimmt, dabei bedarf es nicht viel Einblick, um zu erkennen, dass unser Ich nicht einheitlich, sondern ständig veränderlich ist und zudem noch polymorph ist - zwei Gehirnhälften mit Eigenständigkeiten (Trennung des Balkens), konkurrierende Ich-Programme (siehe Schizophrenie, aber auch bei Verschiedenen Stimmungen treten bereits verschiedene Ichs auf, mit verschiedenem Verhalten und interessanterweise sogar mit unterschiedlichen Erinnerungsschwerpunkten).

Hier und jetzt manifestiert sich die Erste Wirklichkeit. Als Wiedergeburt und Auferstehung vollzieht sie sich in jedem Augenblick. Was wir zutiefst sind, diese göttliche Wesensnatur, inkarniert sich aufs neue. Ob sie noch eine Identität mit alten Formen besitzt, ist unwichtig. Wiedergeboren wird immer nur diese göttliche Wesensnatur.

Erlösung in der Mystik bedeutet Erlösung vom Ich. Die Religionen haben eine Verewigung des Ich gemacht. Ewig ist nicht die Person, sondern das göttliche Erste Prinzip, das sich darin ausdrückt.

Was bleibt ist nicht eine individuelle oder personale Struktur, sondern nur das Leben, das sich in einer neuen Struktur offenbart, die keine Verbindung mit einer vorausgehenden haben muß.

So extrem sehe ich das nicht.

Auch Reinkarnation ist nur ein Verstehensmodell wie andere religiöse Vorstellungen. Alle Religionen haben Unsterblichkeitssymbole und Hoffnungsbilder entworfen, um den Ichtod der Menschen zu verdrängen. . . .Unser Narzißmus und Hyperindividualismus ist nicht bereit, sich in das große Geschehen des Universums einzuordnen.

Sagen wir es so, ich bemühe mich nicht ein Buddha zu werden, sondern strebe es an ein Boddhisattwa zu werden ...  Ein Buddhawesen ist für mich nicht relevant. Um nicht ins Philosophieren zu kommen: die Boddhisattwa-Natur liegt vor mir, die kann ich anstreben; das Buddhawesen liegt viel weiter und ist zur Zeit nur bloße Theorie. Alle nutzlosen Theorien jedoch sind ein Hindernis für den praktischen Fortschritt.

Dieses Leben kommt ständig als individuelle Form wieder. Und in jeder Existenz gilt es, dieses "ewige Leben" zu erfahren, nicht aber ein individuelles Kontinuum.

Ja, sicher - aber solange ein Mensch auf persönliche Erfahrungen zurück greift, ist er eine Individualität. Wenn der Mensch auf die Erfahrungen unzähliger Menschen zurück greift, ist er immer noch eine Individualität (das strebe ich an). Nur wenn alle Erinnerungen im Bewußtsein gelöscht sind, sowohl die eigenen, als auch die anderer Menschen, dann, in diesem zeitlosen, raumlosen, formlosen Jetzt, ist die Buddhanatur erreicht (ohne Wahrnehmung, ohne Reflexion auf die Schöpfung, reines Sein). Wozu dann das Leid und der schwer erkämpfte Fortschritt durch Jahrtausende? - Irgendwie stimmt da was nicht (das Selbe gilt für die Advaita Lehre).

Nun meine Frage: Wenn hier nun die Existenz eines Bewußtseinskontinuums in der von der transpersonalen Psychologie verneint wird, ist durch diese Auffassung die mystische Aussage von der Unsterblichkeit des Lebens dann nicht auf einen biochemischen Prozeß reduziert, so wie wenn Vertreter des Materialismus die Einheit des Lebens mit der Leiche vergleichen, die den Wachstum des Baumes möglich macht. Wenn die vielzitierte Einheitserfahrung, die allen Religionen zugrunde liegen soll, sich auf ein Erleben im hiesigen Leben reduziert und das auch erst nach vielen Jahren härtester Meditationsdisziplin, so wäre doch der nachtodliche Prozeß eine Bewußtseinszerstörung, aber keine Bewußtseinserweiterung? Die Verschmelzung mit dem göttlichen Prinzip müßte doch dann auch im Zustand eines irgendwie gearteten Bewußtseins geschehen? Wenn mein einziger Trost nur darin besteht, daß es auch nach meinem Tod noch Bäume, Tiere, andere Menschen gibt, so ist dies sicherlich schön, aber nimmt mir doch nicht meine Angst vor dem Tod, wie es die meditativen Wege doch eigentlich erreichen wollen? Wird damit die Botschaft der Religionen vom Leben nach dem Tode, wenn natürlich nicht einfach in dieser Form so wie hier, auf eine absolute Vernichtung hin ausgelegt?
Wenn also das Ich überwunden wird, gibt es dann noch einen Bewußtseinszustand?

Durch den Tod wird das Ich nicht überwunden - es lebt in irgendwelchen Illusionswelten weiter (der Begriff Illusionswelt ist deshalb gerechtfertigt, weil ja alle Astralwelten und Mentalwelten aus der Vorstellung, unbewußt und bewußt, erschaffen werden. Fortschritt durch Meditation bedeutet Freiheit von Illusionsgebundenheit und somit größere Bewegungsfreiheit in jenseitigen Welten, weiters erhöhtes Wahrnehmungspotential, durch verfeinertes Bewußtsein, tiefere Gefühle, mehr Liebe, etc.)
viele Grüße
Alfred


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